Kinder können manchmal sehr laut sein. Sie schreien, weinen, lachen, machen Krach beim Spielen in der Wohnung oder im
Garten. Der Gesetzgeber betont, dass Mieter den
Lärm von Babys oder Kleinkindern
in der Nachbarschaft tolerieren müssen. Allerdings fühlen sich manche Menschen durch lärmende Kindern gestört. Doch welchen Krach Nachbarn ertragen müssen und wie die Gerichte das Thema Kinderlärm sehen? Unser Artikel schafft Klarheit.
Kinderlärm ist meistens erlaubt
Immer wieder kommt es gerade in Mehrfamilienhäusern zu Konflikten zwischen Eltern von lärmenden Kindern und deren Nachbarn. Einerseits haben Mieter das Recht auf Wohnen ohne
Lärm, andererseits kann nächtliches Baby- und Kleinkindergeschrei ohnehin nicht verboten werden.
Generell gilt: Kinder dürfen laut sein. Nach dem Toleranzgebot im
Bundesimmissionsschutzgesetz stellt der Lärm durch spielende Kinder im Regelfall keine immissionsschutzrechtlich relevante Störung dar und
muss daher hingenommen werden (§ 22 Abs. 1a BImSchG).
Die Gerichte halten ebenso in ständiger Rechtsprechung, dass
Kinderlärm keine Lärmbelästigung darstellt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist üblicher Kinderlärm hinzunehmen, da er zu den normalen Wohngeräuschen zählt (BGH, Urteil v. 22.01.03, VIII ZR 244/02). Das Babyschrei gehört ebenso zu der Art Kinderlärm und ist den anliegenden Nachbarn zuzumuten (AG Bergisch-Gladbach, Urteil v. 18.05. 82, 26 C 14/82).
Kinder in der Wohnung
Natürlich dürfen die Kinder rund um die Wohnung spielen. Insbesondere
kleine Kinder müssen dabei nicht leise sein. Sie dürfen durch die Wohnung rennen, trampeln, Bobby Car auf dem Parkett fahren oder die Tür zuschlagen. Je kleiner die Kinder sind, umso mehr Lärm verursachen sie.
Das können die Eltern nicht verhindern. Einem zwei-, dreijährigen Kind ist es schwierig zu erklären, dass der Nachbar von unten sich vom Krach gestört fühlt. Kinder sind keine Hunde. Sie können nicht an die Kette gelegt werden (AG Neuss, Urteil v. 01.07.1988, 36 C 232/88).
Dass Mieter, die Kinder haben, dazu verpflichtet sind, einen
Teppich zu verlegen, weil der Nachbar von unten das Toben nicht mehr ertragen kann, gehört zu den Stammtischmythen.
Keine gesetzlichen Regelungen sehen dies vor. Dementsprechend müssen Nachbarn die Geräusche, die infolge des normalen Bewegungs- und Spieldrang der Kinder entsteht, als vertragsgemäße Nutzung einer Wohnung ansehen und akzeptieren (AG Frankfurt, Urteil v. 09.09.05, 33 C 3943/04, AG Oberhausen, Urteil v. 10.04. 01,32 C 608/00).
Zum natürlichen Spieltrieb von Kindern gehören dabei alle Geräuscheinwirkungen durch kindliche Laute wie Babygeschrei, Kinder-Unarten, Singen, Lachen, Weinen, unbeabsichtigte Störungen aller Art, aber auch bewusste kleinere Störungen wie Gestampfe, Gesprungen und Gepolter. Dies gilt auch dann, wenn die
eigentliche Geräuschquelle von kindgerechten Spielzeugen ausgeht (LG Bad Kreuznach, Urteil v. 02.07. 01, 1 S 21/01).
Dürfen Kinder im Hof und Garten spielen?
Um gesund aufzuwachsen und sich wohl zu fühlen, brauchen Kinder viel Bewegung. Kinder wollen draußen mit anderen Kindern spielen, Neues erfahren und sich austoben können. Deswegen dürfen Kinder
grundsätzlich auch im Hof und Garten spielen. Geräusche spielender Kinder sind Ausdruck der kindlichen Entfaltung und Entwicklung und sind daher
grundsätzlich zumutbar, so die Gerichte (LG Braunschweig, Urteil v. 16.03.2012, 2 O 1307/09).
Hat der Vermieter für ein Mietobjekt einen
Kinderspielplatz angelegt, dürfen Kinder dort auch bis in die Nachtstunden spielen (AG Hamburg, Urteil v. 06.02.02, 41B C 222/01). Weiterhin dürfen Kinder einen Spielplatz auch in der Mittagszeit nutzen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 06.03.2012,10 S 2428/11, VG Braunschweig, Urteil v. 24.06.91, 9 A 9014/91). Der Lärm, der von Kindern bei der Nutzung des Kinderspielplatzes ausgeht,
ist von den Nachbarn zu akzeptieren (LG Braunschweig, Urteil v. 16.03.2012, 2 O 1307/09).
Oft ist ein zur Wohnanlage gehörender Spielplatz allerdings nicht vorhanden. Dann ist auch das Spielen auf Innen- und Hinterhöfen gestattet, vor allem, wenn ein Spielplatz in der Nähe
nicht gefahrlos erreicht werden kann (LG Berlin, Urteil v. 16.01.86, 61 S 288/85). Die Nutzung von Hof und Garten ist aber in der Regel in der
Hausordnung festgelegt. Gibt es dort
kein vertragliches Verbot, können Kinder auch auf dem Rasen und im Garten spielen, wenn Hof und Garten zum Spielen geeignet sind und zur Wohnung gehören (LG Heidelberg, Urteil v. 23.10.96, 8 S 2/96).
Müssen Kinder Ruhezeiten einhalten?
Babys und Kleinkinder
kennen keine allgemeinen Ruhezeiten. Je junger Kinder sind, desto schwieriger ist es, von ihnen zu verlangen, allgemeine Ruhezeiten einzuhalten. Wenn Kleinkinder oder Babys nachts schreien oder weinen,
kann man grundsätzlich nichts tun. So ist der Lärm durch Babys oder Kleinkinder auch innerhalb der Ruhezeiten erlaubt und von den Hausbewohnern zu akzeptieren (AG Hamburg-Wandsbek, Urteil v. 23.07.03, 712 C 175/03). Jugendliche müssen dagegen, in diesen Zeiten leiser spielen und auf die Mietbewohner Rücksicht nehmen. Hier sollten auch die Eltern dafür Sorge zu tragen, dass ihre Kinder sich ruhig verhalten.
Es gibt aber die Grenzen
Übermäßiger Lärm, zum Beispiel Fußball spielen in der Wohnung, muss grundsätzlich kein Nachbar ertragen. Auch hier sollten die Eltern
Rücksicht auf die Bedürfnisse anderer Bewohner nehmen und dafür sorgen, ihre Kinder zu einem rücksichtsvollen Verhalten anzuhalten (LG Berlin, Urteil v. 05.09.2016, 67 S 41/16).
Nach den meisten Gerichten rechtfertigt Kinderlärm im Rahmen normaler Wohnnutzung keine
fristlose Kündigung des
Mietvertrages wegen
Störung des Hausfriedens (LG Bad Kreuznach, Urteil v. 03.07.01,1 S 21/01; AG Hamburg-Bergedorf, Urteil v. 11.11.08, 409 C 285/08). Allerdings gibt es Gerichte, die den über das übliche Maß hinausgehenden
Kinderlärm als Mietmängel ansehen.
So z.B. entschied das Landgericht Hannover in einem Fall, dass wenn die Geräusche
außerhalb jeglicher sozialer Norm liegen, sind diese nicht mehr zu tolerieren. Daher können die belästigen Nachbarn in einem solchen Fall ihre Miete wegen Mangels mindern bzw. das Mietverhältnis fristlos kündigen (LG Hannover Beschluss vom 4.3.2015 19 S 88/14).
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letzte Änderung A.W.
am 09.03.2023
Autor(en):
Anna Werner
Bild:
pantermedia.net / Przemyslaw Klos
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