Ferienwohnungen in Wohngebieten sind ein häufiger Streitpunkt. 2017 wurde die
Baunutzungsverordnung geändert, um klare Verhältnisse zu schaffen. Aber: Wie klar sind die Verhältnisse wirklich? Immer wieder wird auch vor Gericht darüber gestritten, ob die Vermietung von Ferienwohnungen an einem bestimmten Ort zulässig ist.
Großstädte mit
Wohnungsmangel versuchen die Zahl der Ferienwohnungen zu begrenzen, aber auch in vielen kleineren Gemeinden gibt es restriktive Regelungen wie etwa
Zweckentfremdungssatzungen. 2017 hat der Gesetzgeber versucht, Ordnung zu schaffen, und die bundesweit gültige Baunutzungsverordnung geändert.
Für Vermieter sind die Festlegungen positiv - immerhin sind demnach Ferienwohnungen in bestimmten Gebieten zulässig. Ein neuer Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover scheint diese Gesetzesänderung nun zum Teil auszuhebeln.
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Wo darf man eine Ferienwohnung betreiben?
Seit Mitte Mai 2017 gibt es eine
Neufassung der Baunutzungsverordnung (BauNVO). Der neu hinzugefügte § 13a regelt, in welchen der im Bebauungsplan ausgewiesenen Gebiete Ferienwohnungen generell zulässig oder zumindest genehmigungsfähig sind.
Die Gemeinden können damit durch Gebietsfestlegungen im Bebauungsplan – und die Erteilung von Genehmigungen – in gewisser Weise
nun selbst steuern, wo Ferienwohnungen angesiedelt werden und wo nicht. Der Gesetzgeber berücksichtigte dabei die
unterschiedliche Situation in verschiedenen Städten und Gemeinden. Denn: Während Großstädte wie Berlin, München und Hamburg Ferienwohnungen zurückdrängen möchten, um den Wohnungsmangel zu bekämpfen (oder zumindest zu zeigen, dass sie etwas tun) und nebenher eine Flut von Nachbarschaftsstreitigkeiten wegen Lärm und andern Nebenerscheinungen einzudämmen, möchten kleine Orte auf dem Land oder in Küsten- oder Alpennähe vielleicht gerne die Einnahmen aus dem Tourismus mitnehmen.
Zuerst einmal ist klarzustellen, dass auch die Baunutzungsverordnung nichts an einer Zweckentfremdungsverordnung ändert. Gibt es eine entsprechende Satzung oder Verordnung für eine Stadt, ist diese maßgeblich. Dies gilt auch für Landesgesetze wie etwa das Hamburger Wohnraumschutzgesetz.
In der BauNVO wird nun für die einzelnen im Bebauungsplan ausweisbaren Gebiete erklärt, wo Ferienwohnungen zulässig sind. Auch kann der Bebauungsplan
Ferienhausgebiete ausweisen als Sondergebiete, die der Erholung dienen. Im Einzelnen gelten folgende Regeln:
- Kleinsiedlungsgebiete: Hier gehören Ferienwohnungen nun regelmäßig zu den nicht störenden Gewerbebetrieben. Sie können ausnahmsweise zugelassen werden.
- Allgemeine Wohngebiete: Hier gelten sie ebenfalls als nicht störende Gewerbebetriebe und sind ausnahmsweise genehmigungsfähig.
- Gebiete zur Erhaltung und Entwicklung der Wohnnutzung (besondere Wohngebiete): Als sonstige Gewerbebetriebe zulässig.
- Dorfgebiete: Als sonstige Gewerbebetriebe zulässig.
- Mischgebiete: Als sonstige Gewerbebetriebe zulässig.
- Urbane Gebiete: Als sonstige Gewerbebetriebe zulässig.
- Kerngebiete: Als sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe zulässig.
Außerdem schreibt die BauNVO vor, dass Ferienwohnungen zu den
Betrieben des Beherbergungsgewerbes oder zu den kleinen Betrieben des Beherbergungsgewerbes gehören können, wenn sie gegenüber dem Rest des Gebäudes eine baulich untergeordnete Nutzung darstellen. Dies trifft etwa auf eine Einliegerwohnung in einem Einfamilienhaus zu. In einem solchen Fall sind Ferienwohnungen in den folgenden Gebieten zulässig:
- Allgemeine Wohngebiete: Ausnahmsweise zulassungsfähig.
- Gebiete zur Erhaltung und Entwicklung der Wohnnutzung (besondere Wohngebiete): Zulässig.
- Dorfgebiete: Zulässig.
- Mischgebiete: Zulässig.
- Urbane Gebiete: Zulässig.
- Kerngebiete: Zulässig.
- Reine Wohngebiete: Ausnahmsweise zulassungsfähig als "kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes".
Das reine Wohngebiet taucht hier also nur mit Einschränkungen auf.
Mit welchem Fall hat sich das Verwaltungsgericht Hannover befasst?
Vor dem VG Hannover ging es um zwei Wohnungen des gleichen Eigentümers, die sich laut Bebauungsplan in einem reinen Wohngebiet befanden. Die Baubehörde der Stadt Hannover hatte einer Nutzungsänderung zugestimmt:
Von Wohnungen in Ferien- und Messewohnungen. Die beiden Wohnungen umfassten den größeren Teil der Wohnfläche eines Mehrfamilienhauses. Gestützt wurde die Genehmigung auf § 13a BauNVO: Die Ferienwohnungen seien im reinen Wohngebiet als "kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes" zulässig.
Ein Nachbar legte nun Widerspruch gegen die Genehmigung ein. Vor Gericht ging es darum, im Eilverfahren die aufschiebende Wirkung seines Widerspruches wiederherzustellen, sodass bis zur endgültigen Entscheidung nicht an Feriengäste vermietet werden durfte. Sein Argument: Ferienwohnungen gehörten nicht in ein reines Wohngebiet.
Wie hat das Verwaltungsgericht entschieden?
Das Verwaltungsgericht stellte sich auf die Seite des Nachbarn. Denn: Der Bebauungsplan war schon lange vor der neuen Regelung in der BauNVO beschlossen worden - nämlich 1970. Maßgeblich für dessen Festsetzungen sei die Baunutzungsverordnung - in ihrer damaligen Fassung.
Das Gericht erklärte, dass der Bundesgesetzgeber
nicht die Befugnis habe, durch Verordnungen in die
Festlegungen eines bestehenden Bebauungsplanes einzugreifen. Die neue BauNVO könne höchstens als Auslegungshilfe für den Begriff des Beherbergungsbetriebes dienen. Es ändere auch nichts, dass die Neuregelung in der BauNVO laut Gesetzgeber nur klarstellenden Charakter haben solle. Die Auslegung von Gesetzen, so das Gericht, sei allein Sache der Gerichte. Auf ältere Bebauungspläne habe die Neuregelung daher keinen Einfluss.
Das Gericht erklärte außerdem, dass - auch bei Anwendbarkeit der neuen Vorschrift - die Nutzungsänderung hier nicht zu genehmigen sei. Denn: Ferienwohnungen seien im reinen Wohngebiet eben nur ausnahmsweise als kleine Beherbergungsbetriebe erlaubt, wenn sie eine baulich untergeordnete Nutzung darstellten. Die beiden fraglichen Wohnungen umfassten jedoch den größeren Teil des Gebäudes und seien eben
keine "baulich untergeordnete Nutzung". Zum normalen Wohnen diene in dem Haus nur noch eine kleine Dachgeschosswohnung.
Zwar sei die Sache mit der baulich untergeordneten Nutzung keine zwingende Voraussetzung. Aber: Wenn diese nicht vorliege, müssten zumindest vergleichbare Argumente dafür sprechen, dass sich die Nutzung als Ferienwohnung verträglich in das Gebiet einfüge. Dies sei hier nicht der Fall: Zum Beispiel führe eine überwiegende Ferienwohnungs-Nutzung eher dazu, dass Feriengäste weniger Rücksicht auf Nachbarn nehmen würden (VG Hannover, Beschluss vom 23.7.2020, Az. 4 B 2507/20).
Welche Folgen hat die Entscheidung für Vermieter?
Die für Ferienwohnungs-Vermieter positiven Klarstellungen in der Neufassung der BauNVO könnten zumindest bei
alten Bebauungsplänen wirkungslos sein. Folgt man dieser Gerichtsentscheidung, können Gemeinden, die Ferienwohnungen in bestimmten Gebieten zulassen wollen, dies nur über einen neuen Bebauungsplan
rechtssicher bewerkstelligen. Es bleibt abzuwarten, ob sich andere Gerichte dieser Ansicht anschließen.
Der zweite Teil der Argumentation ist vor Gericht leichter anzugreifen. Die "baulich untergeordnete Nutzung" ist keine zwingende Voraussetzung für einen kleinen Beherbergungsbetrieb. Inwieweit eine Ferienwohnung auch ohne bauliche Unterordnung mit dem konkreten B-Plangebiet in Einklang zu bringen ist, ist eine
Einzelfallfrage. Hier kann es durchaus gute Argumente geben, etwa ausreichende Abstände zum Nachbarn oder andere Ferienwohnungen in der Nähe. Vor Gericht kann es also Chancen geben, eine Ferienwohnung im reinen Wohngebiet genehmigt zu bekommen - abhängig von den Umständen im Einzelfall.
letzte Änderung U.M.
am 06.03.2023
Autor(en):
Ulf Matzen
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Autor:in
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Herr Ulf Matzen
Ulf Matzen ist Volljurist und schreibt freiberuflich Beiträge für Online-Portale und Unternehmen. Ein wichtiges Thema ist dabei das Immobilienrecht, aber auch das Verbraucherrecht ist häufig vertreten. Ulf Matzen ist Mitautor des Lexikons "Immobilien-Fachwissen von A-Z" (Grabener-Verlag) sowie von Kundenzeitungen und Ratgebern.
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