Wer ein Gebäude besitzt oder einen Weg freigibt, muss Sorge tragen, dass sich niemand verletzt. Auch,
wenn es stürmt und schneit. Was so eindeutig klingt, nennt sich juristisch
Verkehrssicherungspflicht und ist so einfach dann doch wieder nicht. Diese Pflicht präsentiert sich vielschichtig und neue Rechtsprechungen sowie Reformen erhöhen die Komplexität. Was muss ich als Mieter leisten und wo steht das geschrieben? Wie verhält es sich mit Wohneigentumsgemeinschaften? Die Antworten ergeben sich aus den allgemeinen Regelungen zur Haftung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere aus den §§ 823 und 836. Diese Paragraphen regeln die Haftung für Schäden, die durch das eigene Handeln oder Nichthandeln entstehen.
Es bleibt Vermietersache
Ohne vertragliche Vereinbarung liegt die
Verkehrssicherungspflicht klar beim Vermieter. Selbst wenn er die Schneeräum- und Streupflicht an seine Mietparteien oder beauftragte Dienstleister delegiert, bleibt er dennoch in der Verantwortung, die korrekte Durchführung regelmäßig zu kontrollieren. Vernachlässigen seine Mieter ihre Aufgabe und es kommt zu einem Unfall, haftet der Vermieter weiterhin.
„Insbesondere bei Häusern mit mehreren Parteien sollten Vermieter einen professionellen externen Winterdienst organisieren“, empfiehlt Dominik Hermann, Rechtsanwalt bei Koenen Bauanwälte. „Oder die Aufgaben auf die Mieter verteilen und klare Verantwortlichkeiten festlegen. Auch wenn Vermieter in Rutsch- und Glatteis-Zeiten nicht permanent vor Ort sind, so bleiben stichprobenartige Kontrollen unumgänglich, um das Risiko für Schadensersatzforderungen zu minimieren.“
Mieter in der Pflicht?
In vielen Mietverträgen wird die Pflicht zur Schneeräumung und zum Streuen
auf Mieter übertragen. Bei einer eindeutigen Übertragung ist der Eigentümer weitgehend von seiner Haftung entbunden. Mieter sollten ihren Vertrag daher vor dem ersten Winter in der neuen Wohnung sorgfältig prüfen, um entsprechende Vereinbarungen zu finden. Ist diese wirksam, müssen sie zwischen 7:00 und 20:00 Uhr für sichere Gehwege vor dem Wohnhaus sowie auf den Zugängen sorgen. Bei intensiven Schneefällen bedeutet dies sogar mehrfaches Räumen täglich. „ Für Senioren und Personen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht räumen oder streuen können, müssen Vermieter alternative Regelung finden“, weiß Hermann.
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Wer jedoch zu früher Stunde vor 07:00 Uhr auf winterlichen Gehwegen unterwegs ist, muss selbst darauf achten, nicht auszurutschen. Morgens um sieben Uhr kann noch kein gefegter Gehweg verlangt werden, entschied 2018 etwa das Landgericht Frankfurt am Main [1].
Vertrauen ist gut, Kontrolle schützt vor Haftungsansprüchen
Dennoch verbleibt eine
Überwachungspflicht beim Eigentümer: Er muss sicherstellen, dass der Mieter die ihm übertragenen Aufgaben auch im erforderlichen Umfang übernimmt. Im Falle einer Delegation an Dritte, wie etwa einen Hausmeisterdienst, bleibt der Eigentümer ebenfalls in der Pflicht, zu kontrollieren, ob der Dienstleister seinen vertraglichen Vorgaben nachkommt. Erfüllt der Eigentümer seine Pflicht nicht, drohen Haftungsrisiken.
Bei Unfällen durch rutschige Wege aufgrund von Laub oder Schnee kann der Geschädigte Schadensersatzansprüche gegen den Eigentümer geltend machen. Dies umfasst sowohl Personenschäden, zum Beispiel durch Stürze, als auch Sachschäden an Fahrzeugen und anderen Gegenständen.
Auch Wohnungseigentümergemeinschaften sind in der Pflicht
Jenseits der Mieter-Vermieter-Perspektive gibt es auch bei
Wohnungseigentümergemeinschaften, den WEGs, eine aktuelle Rechtsprechung zur Verkehrssicherungspflicht. In Kurzform lässt sich festhalten, dass diese ihre Pflichten nicht auf Verwalter abwälzen können. Seit dem Inkrafttreten der WEG-Reform am 1.Dezember 2020 ist die WEG für das Laubfegen und den Winterdienst verantwortlich. Zwar kann sie per Mehrheitsbeschluss einen Dienstleister oder die Verwaltung beauftragen. Dies entbindet sie jedoch nicht von ihren Pflichten. Verwalter fungieren nur noch als gesetzlicher Vertreter der WEG, also als ausführendes Organ. Die WEG haftet für Pflichtverletzungen der Verwaltung gegenüber Dritten.
So urteilte das Landgericht Frankenthal [2] jüngst im Mai 2024 darüber, dass Personen, die auf einem Grundstück oder auf angrenzenden öffentlichen Gehwegen zu Schaden kommen, Ersatzansprüche nicht mehr gegen den Verwalter, sondern seit der WEG-Reform gegen die Eigentümergemeinschaft erheben können. Vorausgesetzt, die Kommunen haben die Kehr- und Räumpflicht durch Satzung auf die Anlieger übertragen.
„Die aktuelle Rechtsprechung stellt klar, dass primär Grundstückseigentümer sowie Wohnungseigentümergemeinschaften für sichere Bedingungen auf Gehwegen vor ihren Immobilien sorgen müssen“, so Dominik Hermann.
Quellen:
[1] LG Frankfurt am Main, Urteil v. 1.10.2018, Az: 2/23 O 368/98
[2] LG Frankenthal, Urteil v. 7.5.2024, 7 O 264/23
Erstellt von (Name) E.R. am 07.11.2024
Geändert: 07.11.2024 14:25:44
Quelle:
Koenen Bauanwälte, bauanwaelte.de
Bild:
Bildagentur PantherMedia / olly18
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