Nicht nur seit der COVID-19 geschuldeten Verbreitung der Arbeit im Homeoffice arbeiten viele Menschen zu Hause. Da gibt es Freelancer im IT-Bereich, Journalisten, Werbetexter, Übersetzer, Lektoren, Musiklehrer, Tagesmütter, Künstler, Heimarbeiter aus dem gewerblichen Bereich, Haustierbetreuer und vieles mehr. Allerdings ist oft
Streit mit Vermieter und Nachbarn vorprogrammiert – nicht nur bei Tätigkeiten wie der Prostitution. Es kommt auch vor, dass in der Mietwohnung fremde Fahrräder repariert werden oder die Garage zur Skiwerkstatt mutiert. Was also ist erlaubt und was kann der Vermieter in einer normalen Mietwohnung untersagen?
Worauf kommt es bei der Berufsausübung in der Mietwohnung an?
Grundsätzlich brauchen Mieter für eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit in der Mietwohnung die
Erlaubnis des Vermieters. Denn: Die Mietwohnung wurde ihnen zum Wohnen vermietet und nicht als Büro, Werkstatt oder sonstiger Gewerberaum.
Der Bundesgerichtshof hat dies allerdings in einem wichtigen Urteil eingeschränkt. Danach gehören berufliche Tätigkeiten in der Mietwohnung, die
nach außen gar nicht in Erscheinung treten, von vornherein mit zur Wohnnutzung – als Beispiele nennt der BGH die Unterrichtsvorbereitung eines Lehrers, die Telearbeit eines Angestellten, die schriftstellerische Tätigkeit eines Autors oder die Bewirtung eines Geschäftsfreundes des Mieters in der Wohnung. In solchen Fällen ist also eine
Zustimmung des Vermieters nicht erforderlich.
Von einem "nach außen in Erscheinung treten" spricht man zum Beispiel, wenn außen am Haus Werbung angebracht wird, die Wohnanschrift in der Werbung als Geschäftsadresse genannt wird oder Kunden in der Wohnung aus- und eingehen. Sobald geschäftliche Aktivitäten nach außen hin in Erscheinung treten, geht der Bundesgerichtshof von einer Wohnungsnutzung aus, die der Vermieter ohne entsprechende Vereinbarung nicht mehr dulden muss. Dann ist seine ausdrückliche Zustimmung erforderlich.
Aber: Der Vermieter kann in bestimmten Fällen "nach Treu und Glauben" dazu verpflichtet sein, diese zu erteilen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn nur ein Teil der Wohnung gewerblich genutzt wird und es keine Kundenbesuche oder Mitarbeiter in der Wohnung gibt. Ein Anspruch des Mieters auf Zustimmung scheidet dem BGH zufolge aus, wenn in der Wohnung Mitarbeiter bzw. Angestellte des Mieters arbeiten.
Fall vor dem Bundesgerichtshof: Maklerbüro im Wohnzimmer
Im Fall ging es um einen selbstständigen Immobilienmakler, der mit seiner Partnerin in einer Zwei-Zimmer-Wohnung wohnte und dort auch sein Gewerbe angemeldet hatte. Allerdings gab er die Adresse auch auf seiner Homepage an (wie gesetzlich vorgeschrieben) und verwies dort auf die Erfolge seines "Teams". Sein Vermieter schloss daraus, dass er in der Wohnung Mitarbeiter beschäftigte und
kündigte ihm fristlos.
Der Bundesgerichtshof betonte, dass auch ein Immobilienmakler sein Geschäft so organisieren könne, dass kaum Kundenbesuche in der Wohnung stattfänden und Nachbarschaft und Haus nicht über das Maß einer Wohnnutzung hinaus belastet würden. Immerhin finden bei Maklern die meisten Kundenkontakte bei Besichtigungen statt. Es komme hier also darauf an, ob der Makler tatsächlich in der Wohnung Mitarbeiter beschäftige. Um dies zu klären, wurde der Fall an die Vorinstanz zurückverwiesen (Urteil vom 14. Juli 2009, Az. VIII ZR 165/08).
Tagesmütter: Wie viele Kinder dürfen es sein?
Für Prozesse sorgen auch Tagesmütter, die in ihrer Mietwohnung anderer Leute Kinder betreuen. Hier kommt es auf die
Zahl der betreuten Kinder an. So sah das Amtsgericht Bonn 2018 die Vermietung an eine Tagesmutter als völlig unproblematisch an, wenn diese nur zwei bis drei einjährige Kinder gleichzeitig betreut. Eine Genehmigung des Vermieters hatte vorgelegen, andere Mitglieder der Eigentümergemeinschaft hatten diese Wohnungsnutzung unterbinden wollen (Urteil vom 25.1.2018, Az. 27 C 111/17).
Der Bundesgerichtshof sah in einem weiteren Streit unter Wohnungseigentümern eine
Betreuung von bis zu fünf Kindern gleichzeitig als zu viel an - dies sei eine Nutzungsänderung der Eigentumswohnung (Urteil vom 13. Juli 2012, Az. V ZR 204/11).
Skiwerkstatt: Wenn die Garage umfunktioniert wird
In Bayern kam ein Fall vor Gericht, in dem ein Paar in der Garage seiner gemieteten Doppelhaushälfte im Winter eine
kommerzielle Skiwerkstatt betrieb. Mit der Adresse wurde geworben und es herrschte reger Kundenverkehr. Der Vermieter war nicht so begeistert und fürchtete Ärger mit dem Bauamt. Auch hatte er diese Nutzung nicht genehmigt. Das Amtsgericht München gab ihm recht: Der Vermieter müsse eine derart intensive gewerbliche Nutzung mit Kundenverkehr nicht dulden - zumal die Kunden per Auto kamen und alles zuparkten (Urteil vom 30. November 2017, Az. 423 C 8953/17).
Prostitution: Ältestes Gewerbe auch in der Mietwohnung?
Prostitution ist mit Kundenbesuchen verbunden und
gehört daher zu den Tätigkeiten mit Außenwirkung. Daher ist eine Zustimmung des Vermieters erforderlich. Ohne diese besteht ein Kündigungsgrund (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 7.6.2004, Az. 20 W 59/03). Wohnungsprostitution kann auch baurechtlich unzulässig sein, etwa in einem reinen Wohngebiet laut Bebauungsplan. Andere Mieter im Haus können eine
Mietminderung geltend machen,
wenn echte Beeinträchtigungen vorliegen – nicht aus moralischen oder religiösen Gründen.
Vermieter sollten außerdem wissen: Prostitution gilt seit 2001 nicht mehr als "sittenwidrig". Die Vermietung von Wohnungen an Prostituierte ist grundsätzlich unproblematisch. Erfolgt diese jedoch zu einem deutlich
überhöhten Mietzins, handelt es sich um "Ausbeutung von Prostituierten". Dies ist eine
Straftat nach § 180a Abs. 2 Nr. 2 des Strafgesetzbuches. Mögliche Folge: Geldstrafe oder bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe sowie Unwirksamkeit des
Mietvertrages.
Gitarrenunterricht: Zu laut
Werden andere Mieter mehr als bei einer üblichen
Wohnnutzung durch Lärm beeinträchtigt, muss der Vermieter der Tätigkeit nicht zustimmen. Dies zeigte sich im Fall eines Mannes, der in seiner Mietwohnung an drei Werktagen pro Woche etwa zwölf Schülern Gitarrenunterricht erteilte. Kündigung und Räumungsklage des Vermieters waren erfolgreich - auch vor dem Bundesgerichtshof (Urteil vom 10. April 2013, Az. VIII ZR 213/12).
Hundebetreuung: In der Mietwohnung oder im Park?
Im Mai 2020 befasste sich das Landgericht Leipzig mit einem Fall von
Hundebetreuung. Ein Vermieter hatte seinem Mieter gekündigt und ihn auf Räumung verklagt, weil dieser bei Facebook eine gewerbliche Hundebetreuung anbot. Der Mieter wandte ein, dass er die fremden Hunde nicht in seiner Wohnung betreue, sondern
ausschließlich draußen mit ihnen unterwegs sei. Das Gericht gab dem Mieter recht: Wenn er die Hunde nicht in seiner Wohnung betreue, liege kein Kündigungsgrund vor. Die Beweislast liege hier beim Vermieter - und der habe nichts bewiesen (Urteil vom 12. Mai 2020, Az. 2 S 401/19).
Fazit
"
Was andere nicht hören, wird auch nicht stören" - so lautet ein alter Slogan des Münchner Verkehrsverbundes hinsichtlich des Musikhörens in öffentlichen Verkehrsmitteln. Auf die Gewerbeausübung in der Mietwohnung ist er übertragbar. Zustimmungsbedürftig ist alles, was eine Außenwirkung hat. Auch dann kann es einen Anspruch des Mieters auf Zustimmung geben, wenn die konkrete Tätigkeit niemanden stört und Wohnung und Haus nicht übermäßig abnutzt. Ein Gewerbe mit Mitarbeitern in der Wohnung muss der Vermieter nicht akzeptieren.
letzte Änderung U.M.
am 14.03.2023
Autor(en):
Ulf Matzen
Bild:
Bildagentur PantherMedia / pixelbliss
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Autor:in
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Herr Ulf Matzen
Ulf Matzen ist Volljurist und schreibt freiberuflich Beiträge für Online-Portale und Unternehmen. Ein wichtiges Thema ist dabei das Immobilienrecht, aber auch das Verbraucherrecht ist häufig vertreten. Ulf Matzen ist Mitautor des Lexikons "Immobilien-Fachwissen von A-Z" (Grabener-Verlag) sowie von Kundenzeitungen und Ratgebern.
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