![Schonfrist für Mieter: Wann hebt eine Nachzahlung von Mietschulden die Kündigung auf?]()
Die Schonfristzahlung beschäftigt immer wieder die Gerichte. Das Gesetz sieht vor, dass Mieter eine
fristlose Kündigung wegen
Mietschulden ungeschehen machen können, indem sie den ausstehenden Betrag innerhalb einer bestimmten Zeit nachzahlen.
Wie ist die Schonfristzahlung gesetzlich geregelt?
Geregelt ist die Schonfristzahlung in
§ 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Die Vorschrift ist vertraglich nicht abänderbar. Danach wird eine außerordentliche, fristlose Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs die ausstehende Miete und ggf. eine Entschädigung für die verspätete Rückgabe der Wohnung erhalten hat.
Rechtshängig heißt: Dem Mieter wurde die Räumungsklage zugestellt. Mit der Zustellung beginnt die zweimonatige Frist zu laufen.
Alternativ reicht es aus, wenn sich innerhalb dieses Zeitraumes eine öffentliche Stelle wie das Jobcenter zur Bezahlung der Mietschulden verpflichtet. Die
Übernahmeerklärung muss dem Vermieter innerhalb der Schonfrist zugehen. Nicht erforderlich ist eine Verpflichtung der Behörde, auch künftig die Miete zu bezahlen. Die Kündigung bleibt wirksam, wenn innerhalb der letzten zwei Jahre schon einmal eine Kündigung per Schonfristzahlung unwirksam geworden ist.
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Wie sichern sich Vermieter gegen ein Unwirksamwerden der Kündigung ab?
Viele Vermieter kündigen bei Mietrückständen nicht nur
außerordentlich und
fristlos, sondern zusätzlich hilfsweise auch ordentlich, also mit gesetzlicher Frist. Da die
Schonfristzahlung sich im Gesetz ausdrücklich auf die fristlose Kündigung bezieht, geht man im Allgemeinen davon aus, dass eine ordentliche Kündigung mit Frist trotzdem bestehen bleibt.
Dann endet das Mietverhältnis mit dem Ende der Kündigungsfrist. Diese hängt für den Vermieter von de
r Dauer des Mietverhältnisses ab und beträgt zuerst drei Monate, nach fünf Jahren sechs Monate und nach acht Jahren neun Monate.
Macht die Schonfristzahlung auch eine ordentliche Kündigung unwirksam?
Die herrschende Ansicht unter Juristen beantwortet diese Frage mit "nein". Aber: Das
Landgericht Berlin II ist standhaft anderer Meinung. Es hat mehrfach entschieden, dass auch eine normale Kündigung mit Frist durch eine Nachzahlung innerhalb der Schonfrist unwirksam werden kann.
Das letzte Urteil dieser Art beruhte auf folgendem Fall:
Die Mieter hatten seit 1994 eine Wohnung in Berlin bewohnt. In den Monaten Oktober 2019, Januar 2020 und Mai 2021 blieben sie ihrer Vermieterin die Miete schuldig. Diese
kündigte ihnen
fristlos und außerordentlich sowie hilfsweise ordentlich mit Frist und klagte auf Räumung.
Die Mieter beglichen innerhalb der zweimonatigen Frist ihre Mietschulden. Trotzdem gab das Amtsgericht der
Räumungsklage statt. Die fristlose Kündigung sei durch die nachträgliche Zahlung unwirksam geworden. Die ordentliche Kündigung jedoch habe das Mietverhältnis zum Ablauf der Kündigungsfrist beendet.
Die Mieter gingen in Berufung. Das Landgericht entschied, dass die Schonfristzahlung auch die ordentliche Kündigung gegenstandslos gemacht habe. Schließlich sei diese auf den gleichen Grund gestützt worden, nämlich den gleichen
Zahlungsrückstand. Auch könne man das Gesetz nicht so auslegen, dass der Gesetzgeber Mieter mit Zahlungsproblemen nur vor einer fristlosen Kündigung schützen wolle. Dieser Punkt sei nicht klar geregelt (Urteil vom 10.5.2023, Az. 66 S 258/22).
Der Fall kam in
dritter Instanz vor den Bundesgerichtshof. Dieser drückte sich deutlich aus – womöglich, weil er sich bereits zum dritten Mal mit einem solchen Urteil des LG Berlin II beschäftigen musste. Das Ergebnis war wie in den anderen Fällen auch: Die ordentliche Kündigung war wirksam.
Die
fristgerechte Nachzahlung der Mietrückstände wirke sich nur auf die fristlose Kündigung aus. § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB könne weder unmittelbar noch analog auf die ordentliche Kündigung angewendet werden. Solange die
Mietschulden ein erhebliches Ausmaß erreicht hätten, bleibe eine ordentliche Kündigung wegen Vertragsverletzung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB möglich. Dies hänge allein von der Höhe und der Dauer des Mietrückstandes ab.
Es sei eindeutig Absicht des Gesetzgebers, die
Wirkung der Schonfristzahlung allein auf die fristlose Kündigung zu beschränken. Ein an Gesetz und Recht gebundener Richter dürfe diese Entscheidung nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen ändern und durch eine Rechtsprechungslösung ersetzen.
Der Bundesgerichtshof verwies den Fall zur erneuten Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts zurück (Urteil vom 23.10.2024, Az. VIII ZR 106/23).
Ist die ordentliche Kündigung unwirksam, weil gar kein Mietverhältnis mehr bestand?
In einem vorangegangenen Urteil hatte das LG Berlin argumentiert, dass die hilfsweise ordentliche Kündigung ein Mietverhältnis gar nicht beenden könne, weil dieses ja schon durch die fristlose Kündigung beendet worden sei. Durch die Schonfristzahlung werde das Mietverhältnis rückwirkend wieder in Kraft gesetzt. Im
Zeitraum zwischen
Kündigung und Schonfristzahlung existiere jedoch kein Mietvertrag und damit könne die ordentliche Kündigung nicht greifen.
Der Bundesgerichtshof wies auch diese Argumentation zurück. Die Schonfristzahlung habe die Wirkung einer gesetzlichen Fiktion. Die fristlose Kündigung werde rückwirkend als nicht eingetreten behandelt. Daher bestehe das
Mietverhältnis ununterbrochen weiter und werde gerade nicht durch die außerordentliche Kündigung beendet. Die Folge sei, dass die hilfsweise ordentliche Kündigung das Mietverhältnis beende.
Der BGH wies auch darauf hin, dass die Konstruktion des LG Berlin für Mieter
nachteilig sein könne: Wenn das Mietverhältnis durch die fristlose Kündigung ende und dann durch die Schonfristzahlung neu beginne, könne sich die Kündigungsfrist für den Vermieter verkürzen (Urteil vom 19.9.2018, Az. VIII ZR 231/17).
Gibt es noch eine andere Möglichkeit, um eine Kündigung nachträglich unwirksam zu machen?
Dies ist auch mit einer
Aufrechnung möglich. Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB) bedeutet: Beide Seiten haben Ansprüche in gleicher Höhe gegeneinander, die sich gegenseitig aufheben. Die
Aufrechnung erfolgt durch eine Erklärung gegenüber dem Vertragspartner. Auch die Aufrechnung macht nur die fristlose Kündigung unwirksam. Sie ändert nichts an einer hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung.
Wird nach Zugang der Kündigung ein Anspruch des Mieters gegen den Vermieter fällig, mit dem er gegen die Mietschulden in voller Höhe aufrechnen kann, gilt auch diese Aufrechnung als Befriedigung der
Vermieterforderungen im Sinne von § 569 Abs. 3 BGB entsprechend einer Schonfristzahlung.
Hatte der Mieter schon vor dem Zugang der Kündigung eine fällige
Forderung gegen den Vermieter, mit der er aufrechnen kann, kann er die Kündigung nach § 543 Abs. 2 S. 3 BGB ungeschehen machen. Dazu muss der Mieter unverzüglich nach dem Zugang der Kündigung die Aufrechnung erklären. Was unverzüglich bedeutet, hängt vom Einzelfall ab. Maximal sind dies aber zwei Wochen.
Diese Möglichkeit besteht bei
Wohnungen und Gewerberäumen, während die Schonfristzahlung nur bei Wohnräumen funktioniert. Die Aufrechnung ist nicht wie die Schonfristzahlung auf "ein Mal innerhalb von zwei Jahren" begrenzt.
Fazit:
Für Vermieter, die ein Mietverhältnis auf jeden Fall beenden möchten, empfiehlt es sich, zusätzlich zur außerordentlichen fristlosen Kündigung hilfsweise ordentlich zu kündigen. Zwar gibt es immer wieder Stimmen in der Rechtsprechung, die die Wirkung der Schonfristzahlung auch auf eine ordentliche Kündigung ausdehnen wollen. Diese Ansicht setzt sich vor dem Bundesgerichtshof bisher aber nicht durch. Ohne
Gesetzesänderung wird es dabei bleiben.
letzte Änderung U.M. am 07.04.2025
Autor(en):
Ulf Matzen
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Autor:in
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Herr Ulf Matzen
Ulf Matzen ist Volljurist und schreibt freiberuflich Beiträge für Online-Portale und Unternehmen. Ein wichtiges Thema ist dabei das Immobilienrecht, aber auch das Verbraucherrecht ist häufig vertreten. Ulf Matzen ist Mitautor des Lexikons "Immobilien-Fachwissen von A-Z" (Grabener-Verlag) sowie von Kundenzeitungen und Ratgebern.
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