Mit einer
Vormerkung sichert der Käufer seinen
Anspruch auf die Übertragung eines Grundstücks oder einer Immobilie ab. Was passiert, wenn die Immobilie nach Eintragung der Vormerkung vom Verkäufer vermietet wird?
Beim Verkauf eines Grundstücks sind der Abschluss des Kaufvertrages und die Übertragung des Grundeigentums zwei unterschiedliche rechtliche Vorgänge. Juristen sprechen hier vom
Trennungsprinzip sowie von einem Verpflichtungsgeschäft und einem Verfügungsgeschäft. Letztendlich wird der Käufer erst dann neuer Eigentümer mit allen Rechten, wenn die sogenannte Auflassung erfolgt ist und er als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen wurde.
Was ist der Sinn einer Vormerkung?
Eine
Vormerkung bzw. Auflassungsvormerkung schützt den Käufer einer Immobilie davor, dass der Verkäufer diese nach Kaufvertragsabschluss ein weiteres Mal an jemand anderen veräußert, der ihm z. B. einen höheren Preis bietet. Die Vormerkung wird im Grundbuch eingetragen. Damit wird nach § 883 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) per Gesetz jede weitere Verfügung des Verkäufers unwirksam, die den Anspruch des Käufers auf das Grundstück beeinträchtigt. Er kann also keinen wirksamen zweiten Kaufvertrag mehr darüber abschließen. Er kann auch das Grundstück nicht mehr zusätzlich mit Hypotheken, Grundschulden oder anderen dinglichen Rechten, wie etwa Wohnrechten oder Wegerechten, belasten. Die Auflassungsvormerkung wird gleich nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages ins Grundbuch eingetragen.
Was ist der Unterschied zwischen Vormerkung und Auflassung?
Die Auflassungsvormerkung erfolgt
nach dem Abschluss des notariellen Immobilien-Kaufvertrages. Sie sichert den Käufer unter anderem gegen einen weiteren Verkauf der Immobilie vor dem eigentlichen Eigentumsübergang ab. Sie bereitet gewissermaßen die eigentliche Auflassung vor.
Im Rahmen der Auflassung räumt der bisherige Eigentümer eines Grundstücks dem neuen Eigentümer dann endgültig alle Rechte an der Immobilie, einschließlich Nutzung, Vermietung und Weiterverkauf ein. Ihre Voraussetzung ist, dass
alle Absprachen des Kaufvertrages erfüllt wurden und der Kaufpreis gezahlt wurde. Der Vorgang der Auflassung sichert den Verkäufer ab, denn er stellt sicher, dass der Käufer erst dann Zugriff auf die Immobilie erhält, wenn der Kaufpreis bezahlt ist.
Oft wird die Auflassung in den notariellen Kaufvertrag mit aufgenommen. Rechtlich vollzogen ist sie jedoch erst mit der
Eintragung des Käufers als neuem Eigentümer in das Grundbuch. Diesen Schritt leitet der Notar ein, nachdem alle Bedingungen des Kaufvertrages erfüllt wurden. Zwischen Kaufvertragsabschluss und Grundbucheintragung können mehrere Wochen oder sogar Monate vergehen.
Ist der Käufer als neuer Eigentümer eingetragen, wird die Auflassungsvormerkung aus dem Grundbuch gelöscht.
Wann wird keine Vormerkung eingetragen?
Voraussetzung für die Eintragung einer Vormerkung ins Grundbuch ist das
Bestehen eines vormerkungsfähigen Anspruchs. Dieser ergibt sich in der Regel aus einem notariellen Kaufvertrag. Eine nicht notarielle Entwicklungs- und Ankaufsvereinbarung, die dem Käufer lediglich einen noch nicht näher bestimmbaren Anteil an einer größeren Projektfläche zuweist, reicht nicht aus - zumal, wenn über den Verkauf des Grundstücks noch nicht abschließend verhandelt worden ist. Laut OLG Brandenburg ist so etwas zu unbestimmt (Urteil vom 04.01.2024, Az. 5 U 144/23).
Was passiert, wenn nach dem Kaufvertragsabschluss eine Vermietung stattfindet?
Natürlich ist es denkbar, dass der Verkäufer einer Immobilie erst einen Kaufvertrag unterschreibt und dann - vielleicht während einer monatelangen Wartezeit, in welcher der Käufer noch Probleme mit der Finanzierung klären muss - die Immobilie vermietet. Womöglich erfährt der neue Käufer erst nach erfolgter Auflassung und Eigentumsübertragung davon. Dann wohnen plötzlich fremde Leute im Haus. Was nun?
Hier könnte man an einen Herausgabeanspruch nach § 985 BGB denken. Dies würde voraussetzen, dass der Mieter unberechtigt die Immobilie nutzt. Tatsächlich ergibt sich aber ein Nutzungsrecht des Mieters oder der Mieterin aus dem Mietvertrag. Zwar wurde dieser nicht mit dem Käufer der Immobilie geschlossen, sondern mit dem "alten" Eigentümer. Laut § 566 BGB gilt jedoch, dass ein Verkauf einen Mietvertrag nicht unwirksam macht ("
Kauf bricht nicht Miete"). Stattdessen tritt der Käufer als neuer Vermieter in den Mietvertrag ein.
Will der Käufer also seine neue Immobilie selbst bewohnen, müsste er dem Mieter erst einmal kündigen. Als Kündigungsgrund würde sich
Eigenbedarf anbieten. Aber: Eine solche Kündigung ist nicht nur an einige Voraussetzungen hinsichtlich des Eigenbedarfs gebunden, sondern auch an eine hier zumindest dreimonatige Frist. Bis zu einer Räumung kann weitere Zeit vergehen. Ein Problem für den neuen Eigentümer, der womöglich schon seine alte Wohnung gekündigt hat, um ins Eigentum umzuziehen.
Was ändert eine Vormerkung?
Nun wird aber in der Regel für den Käufer eine Auflassungsvormerkung ins Grundbuch eingetragen worden sein. Deren Zweck ist es, den
Käufer vor Zwischenverfügungen des Verkäufers zu schützen. Dies können alle Verfügungen sein, durch die das Recht am Grundstück aufgehoben, inhaltlich geändert oder in irgendeiner Form belastet wird (§ 883 Abs. 2 BGB).
Dummerweise ist jedoch ein Mietvertrag eine schuldrechtliche Vereinbarung und gilt nicht als Verfügung im oben genannten Sinne. In der Rechtsliteratur wurde allerdings bereits darüber diskutiert, ob hier eine analoge Anwendung der Vorschrift in Betracht kommen würde. So etwas ist möglich, wenn der Gesetzgeber eine Regelungslücke offen gelassen hat und die Interessenlage mit derjenigen vergleichbar ist, die die jeweilige Vorschrift regelt.
Von einer
vergleichbaren Interessenlage könnte man hier sprechen, denn der frischgebackene Eigentümer kann sein neues Haus oder seine neue Wohnung ja nicht nutzen. Ob dies nun auf der Einräumung eines dinglichen Nießbrauchrechts beruht (was eine "Verfügung" im obigen Sinne wäre) oder auf einem normalen Mietvertrag, wird ihm gleich sein. Ein Nießbrauchrecht wäre aufgrund der eingetragenen Vormerkung unwirksam.
Die Gerichte sehen hier jedoch
keine Regelungslücke. Auch sind sie der Ansicht, dass der Gesetzgeber hier keine Einschränkung des durch § 566 BGB ("Kauf bricht nicht Miete") gewährleisteten Mieterschutzes beabsichtigt hat - ansonsten wäre dies klar geregelt worden. Nicht zuletzt wird der
Mieter im Vergleich zum Käufer als schutzwürdiger angesehen, denn: Kaum ein Mieter hat Anlass, vor dem Vertragsabschluss Grundbucheinsicht zu nehmen. Damit scheidet hier eine analoge Anwendung von § 883 Abs. 2 BGB aus. Der Käufer der Immobilie hat keinen Anspruch auf Herausgabe gegen den Mieter - mit oder ohne Auflassungsvormerkung.
Welche Ansprüche hat der Käufer gegen den Voreigentümer?
Der Käufer kann allerdings den Verkäufer durchaus zur Rechenschaft ziehen, weil dieser die Immobilie trotz unterschriebenem Kaufvertrag noch vermietet hat.
Zunächst hat der Käufer einen
Schadensersatzanspruch wegen eines Mangels der Kaufsache. Hier handelt es sich um einen rechtlichen Mangel und nicht um einen der sonst üblichen Sachmängel: Das Nutzungsrecht des Käufers wird durch die Mieter blockiert. Er kann daher Schadensersatz nach § 437 Nr. 3 in Verbindung mit § 280 BGB verlangen. Interessanter ist jedoch vielleicht das Recht auf Rücktritt vom Kaufvertrag. Auch dieses beruht auf dem rechtlichen Mangel der Kaufsache und ergibt sich aus § 437 Nr. 2. BGB. Nach einem Rücktritt wären die gegenseitigen vertraglichen Leistungen jeweils zurückzugeben. Dies würde eine Rückauflassung der Immobilie an den Verkäufer und die Rückzahlung des Kaufpreises bedeuten.
Natürlich kann der Käufer auch einfach die Immobilie behalten und sich über die Mieteinnahmen freuen. In aller Regel wird dies jedoch nicht das sein, was er oder sie möchte - es sei denn, die Immobilie wurde sowieso zur Vermietung angeschafft.
letzte Änderung U.M.
am 20.09.2024
Autor(en):
Ulf Matzen
Bild:
Bildagentur PantherMedia / Ai825
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Autor:in
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Herr Ulf Matzen
Ulf Matzen ist Volljurist und schreibt freiberuflich Beiträge für Online-Portale und Unternehmen. Ein wichtiges Thema ist dabei das Immobilienrecht, aber auch das Verbraucherrecht ist häufig vertreten. Ulf Matzen ist Mitautor des Lexikons "Immobilien-Fachwissen von A-Z" (Grabener-Verlag) sowie von Kundenzeitungen und Ratgebern.
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