BGH: Zu Corona-Zeiten waren Eigentümerversammlungen auch ohne Präsenz zulässig

Einerseits waren Versammlungen während der Corona-Pandemie verboten, andererseits sind für WEGs Eigentümerversammlungen zwingend vorgeschrieben. Mit den Folgen dieses Dilemmas befasste sich jetzt der Bundesgerichtshof (Az. V ZR 80/23): Demnach sind die während der Corona-Pandemie gefasste Beschlüsse einer WEG nicht deshalb nichtig, weil die Teilnahme an der Eigentümerversammlung nur durch Erteilung einer Vollmacht an den Verwalter möglich war.

Geklagt hatten Mitglieder einer WEG, deren Verwalterin am 24. November 2020 zu einer schriftlich stattfindenden Eigentümerversammlung eingeladen hatte. Die Wohnungseigentümer sollten ihr dafür unter Verwendung beigefügter Formulare eine Vollmacht und Weisungen für die Stimmabgabe erteilen. Fünf von vierundzwanzig Wohnungseigentümern kamen dieser Aufforderung nach. Nach dem Sitzungstermin teilte die Verwalterin mit, die Wohnungseigentümer seien bei der allein von ihr abgehaltenen Versammlung aufgrund der erteilten Vollmachten vertreten gewesen, und übermittelte ein Protokoll über die gefassten Beschlüsse.

Der Bundesgerichtshof räumte zwar ein, dass die Einberufung und Abhaltung der Eigentümerversammlung vom 24. November 2020 nicht den Vorgaben des Wohnungseigentumsgesetzes entsprochen habe. Denn eine Eigentümerversammlung setze grundsätzlich ein physisches Zusammentreffen der Wohnungseigentümer voraus. Eine sogenannte Vertreterversammlung sei nur dann zulässig, wenn sämtliche Wohnungseigentümer in ein solches Vorgehen einwilligen und den Verwalter zu Teilnahme und Stimmabgabe bevollmächtigen.

Zur Nichtigkeit der Beschlüsse führt diese Rechtslage jedoch nicht, so der BGH. Denn ein Beschluss sei nach Paragraf 23 Absatz 4 WEG nur dann nichtig, wenn er gegen eine Rechtsvorschrift verstoße, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden könne. Bei der Beschlussfassung sei das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht der Wohnungseigentümer jedoch verzichtbar. Denn die im WEG für die Einberufung einer Eigentümerversammlung enthaltenen Formvorschriften seien keine zwingenden Bestimmungen und Grundsätze, da sie dispositiv seien und durch Vereinbarungen abgeändert werden könnten.

Die Richter wiesen zudem auf die unauflösliche Konfliktsituation während der Corona-Pandemie hin: Verwalter mussten entweder das Wohnungseigentumsrecht oder das Infektionsschutzrecht missachten. Durch eine Vertreterversammlung sei immerhin die Fassung von Beschlüssen möglich gewesen, die der gerichtlichen Kontrolle zugeführt werden konnten.

Erstellt von (Name) E.R. am 13.03.2024
Geändert: 13.03.2024 08:31:40
Autor:  Petra Hannen
Quelle:  BGH
Bild:  Bildagentur PantherMedia / pressmaster
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