Eigentümer dürfen in bestimmten Fällen ein
Gebäude nach einer
verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer abschreiben und damit von den gesetzlich vorgeschriebenen AfA-Sätzen abweichen. Dafür verlangt das Finanzamt ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen. Welche Grundsätze die Finanzverwaltung für die Inanspruchnahme einer verkürzten Nutzungsdauer gelten, hat die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 22. Februar 2023 festgehalten.
Eigentümer müssen ein Gebäude nicht zwingend mit den typisierten
AfA-Prozentsätzen abschreiben. Sie können sich laut § 7 Absatz 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) auf eine kürzere
tatsächliche Nutzungsdauer berufen. Dabei können sie sich jeder geeigneten Methode bedienen, um nachzuweisen, dass ein Gebäude auf eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer ausgelegt ist als die AfA-Regeln vorsehen. Das hat der Bundesfinanzhof 2021 entschieden (Az. IX R 25/19).
Mit BMF-Schreiben vom 22. Februar hat die Finanzverwaltung festgelegt, nach welchen
Grundsätzen ein Steuerpflichtiger die AfA nach der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer in Anspruch nahmen kann.
1. AfA von Gebäuden nach typisierten festen AfA-Sätzen
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass im Regelfall die tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes die laut AfA angesetzte Dauer übertrifft. Eigentümer dürfen ein Gebäude auch weiterhin mit den typisierten, festgesetzten AfA-Sätzen abschreiben.
2. AfA von Gebäuden nach der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer
Liegt im Ausnhamefall die tatsächliche Nutzungsdauer unter der nach AfA anzusetzenden Dauer, kann der Eigentümer das Gebäude nach tatsächlicher – kürzerer – Nutzungsdauer abschreiben (§ 7 Absatz 4 Satz 2 EStG):
- Wenn der Bauantrag oder der obligatorische Vertrag nach dem 31. März 1985 und vor dem 1. Januar 2001 gestellt bzw. rechtswirksam abgeschlossen wurde.
- Wenn der Bauantrag oder der obligatorische Vertrag nach dem 31. Dezember 2000 gestellt bzw. rechtswirksam abgeschlossen wurde.
Bei einem Gebäude, das die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die Abschreibung nach einer verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer möglich, wenn
- das Gebäude nach dem 31. Dezember 2022 fertiggestellt wurde,
- das Gebäude vor dem 1. Januar 2023 und nach dem 31. Dezember 1924 fertiggestellt wurde oder
- das Gebäude vor dem 1. Januar 1925 fertiggestellt wurde.
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3. Rechtfertigungsgründe für eine AfA nach der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer
Für die Bemessung der linearen Gebäude-AfA nach der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer muss der Eigentümer eine konkrete Rechtfertigung auf Grund der objektiven Gegebenheiten vorlegen. Entscheidend ist, ob das Gebäude vor Ablauf des gesetzlichen AfA-Zeitraums objektiv betrachtet technisch oder wirtschaftlich verbraucht ist. Dazu muss der Eigentümer eine fundierte Schätzung einreichen. Ob die Abschreibung nach der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer erlaubt ist, müssen die Finanzämter im konkreten Einzelfall entscheiden.
Die Absicht, ein neu errichtetes Gebäude bald wieder abzureißen oder es zu verkaufen, rechtfertigt keine Annahme einer verkürzten Nutzungsdauer. Die tatsächliche Nutzungsdauer kann aber zugrunde gelegt werden, wenn der Zeitpunkt der Nutzungsbeendigung des Gebäudes fest steht, etwa weil sich die Steuerpflichtigen verpflichtet haben, das Gebäude zu einem bestimmten Zeitpunkt abzubrechen.
Für bestimmte betrieblich genutzte Gebäude, etwa Hallen in Leichtbauweise oder Ställe und Schuppen, kann sich je nach Bauart, Bauweise und Nutzung eine kürzere Nutzungsdauer ergeben. Das gilt auch für bestimmte Gebäudeteile, wie Ladeneinrichtungen, sowie für Mietereinbauten und -umbauten. Die verkürzte tatsächliche Nutzungsdauer kommt außerdem für bestimmte Gebäude in Frage, bei denen sich schon aus dem Zweck eine verkürzte Nutzungsdauer ergibt. Das Schreiben führt als Beispiel Musterhäuser an, die nach dem Verkauf abgebaut werden, um beim Kunden wieder errichtet zu werden.
4. Maßgebliche Kriterien für die Schätzung einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer
Laut Rechtsprechung des BFH bestimmen
Einflussfaktoren, sogenannte
Determinanten, eine zu schätzende kürzere tatsächliche Nutzungsdauer. Zu diesen Einflussfaktoren gehören:
- der technische Verschleiß,
- die wirtschaftliche Entwertung sowie
- rechtliche Gegebenheiten.
Beim technischen Verschleiß kommt es dabei auf tragende Elemente wie den Dachstuhl an.
5. Nachweismethoden
Der Gesetzgeber hat sich beim Nachweis auf ein
Gutachten eines vereidigten Sachverständigen festgelegt. Dieser Gutachter muss von einer nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständiger oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken nach entsprechender Norm zertifiziert worden sein.
BMF-Schreiben vom 22.03.2023 >>
Erstellt von (Name) W.V.R. am 07.03.2023
Geändert: 18.08.2023 08:27:20
Autor:
Wolff von Rechenberg
Quelle:
BMF-Schreiben vom 22.03.2023
Bild:
Bildagentur PantherMedia / maxxyustas
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