FG Baden-Württemberg: Aussetzungszinsen von monatlich 0,5 Prozent sind verfassungsgemäß

Im Juli 2022 hatte das Bundesverfassungsgericht die Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von monatlich 0,5 Prozent beziehungsweise 6 Prozent im Jahr auf Steuernachzahlungen und Steuererstattungen des Finanzamts für verfassungswidrig erklärt, unter anderem weil sich der typisiert festgelegte Zinssatz im Laufe der Zeit unter veränderten tatsächlichen Bedingungen als evident realitätsfern erwiesen habe. Nach einem Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg ist diese Entscheidung jedoch nicht auf Aussetzungszinsen übertragbar, hier bleibt es also bei monatlich 0,5 Prozent (Az. 1 K 180/22).

Wie die Richter in ihrer Begründung ausführten, beschränkt sich zum einen die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich auf die Zinshöhe bei Steuernachforderungen und Steuererstattungen, nicht jedoch auf weitere Verzinsungstatbestände nach der Abgabenordnung wie Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen. Zu diesem Ergebnis kam im März 2023 bereits das Finanzgericht Münster (Az. 6 K 2094/22 E), allerdings ist hierzu beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VIII R 9/23 die Revision anhängig.

Zum anderen, so die Richter weiter, ist die Entstehung von Aussetzungszinsen grundsätzlich auf einen Antrag der Steuerpflichtigen zurückzuführen oder wird von ihnen bewusst in Kauf genommen. Steuerpflichtige hätten daher grundsätzlich die Wahl, ob sie den Zinstatbestand verwirklichen und den in der Abgabenordnung geregelten Zinssatz hinnehmen – oder ob sie die Steuerschuld tilgen und sich im Bedarfsfall die erforderlichen Geldmittel zur Begleichung der Steuerschuld anderweitig zu zinsgünstigeren Konditionen beschaffen. Die vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelten Zinsen bei Steuernachforderungen und Steuererstattungen könnten hingegen durch eine verzögerte Bearbeitung der Finanzämter anfallen, ohne dass Steuerpflichtige darauf Einfluss nehmen können.
Angesichts des bereits beim Bundesfinanzhof anhängige Verfahren zur Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Aussetzungszinsen hat das Finanzgericht Baden-Württemberg auch für diesen Fall die Revision zugelassen.

Erstellt von (Name) E.R. am 07.02.2024
Geändert: 07.02.2024 08:16:10
Autor:  Petra Hannen
Quelle:  Finanzgericht Baden-Württemberg
Bild:  Bildagentur PantherMedia / Andriy Popov
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