Deutschland steht im zweifelhaften Ruf, nicht genug gegen
Geldwäsche zu unternehmen: Wegen der undurchschaubaren Finanzbranche und einer abgehängten Strafverfolgung gelingt es Kriminellen jedes Jahr Hunderte Milliarden Euro aus illegalen Geschäften in den legalen Wirtschaftskreislauf zu schleusen. Eine
Schlüsselrolle kommt dabei dem
Verkauf von Immobilen zu. Die Gesetzgebung hat deswegen Notare stärker in die Pflicht genommen, die nun angehalten sind, Verdachtsmeldungen abzugeben. Sie müssen die sogenannten wirtschaftlich Berechtigten bei Transaktionen ermitteln – das gelingt am einfachsten mit einer passenden Software.
Deutschland hat ein
Geldwäsche-Problem: Das bescheinigt nicht nur eine Studie von Transparency Deutschland aus dem Sommer 2021. Laut Schätzungen werden bis zu 100 Milliarden Euro jährlich in der Bundesrepublik gewaschen. Das bedeutet, dass Einnahmen aus illegalen Geschäften wie Korruption, Raub, Drogen- und Waffenhandel oder Steuerhinterziehung in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf geschleust werden. Dabei verschleiern die Kriminellen durch Firmengeflechte, Anonymität und Bargeschäfte ihre Identität. Die nationale Risikoanalyse des Bundesfinanzministeriums stellte 2019 fest, dass vor allem der
Immobiliensektor ein
hohes Geldwäscherisiko aufweist: Pro Jahr sollen mehrere Milliarden Euro aus organisierter Kriminalität in den deutschen Immobilienmarkt fließen.
Deutschland, Paradies für Geldwäsche?
Warum Deutschland? Hohe Rechtssicherheit, attraktiver Investitionsstandort, Wertsteigerung bei Immobilen und das Ganze bei einer undurchschaubaren Finanzbranche, wenig schlagkräftigen Aufsichtsbehörden und eine abgehängte Strafverfolgung. Ermittler mussten zum Beispiel für die Bekämpfung von Geldwäsche nachweisen, dass das Geld aus kriminellen Quellen stammt; internationale Transaktionen mit Firmengeflechten in aller Welt sind kaum nachzuvollziehen, grundlegende Informationen wie
Eigentümer einer Immobile oft nicht zu beschaffen. So ist Schätzungen zufolge der Eigentümer jedes zehnten Hauses in Berlin nicht zu ermitteln. Es mangelt insgesamt an internationaler Kooperation mit Strafverfolgung und Behörden.
2010 fiel Deutschland dann auch bei der
Prüfung der Financial Action Task Force FATF durch – das internationale Gremium prüfte die Einhaltung von Standards beim Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Das Ergebnis: zu wenig Aufsicht über Immobilienmakler und Notare, die die Eigentumsänderungen abwickeln, zu hohe Ermittlungshindernisse für Polizei und Staatsanwaltschaft. Auch bei der neu anstehenden Prüfung wird nichts Gutes erwartet – denn trotz der Umsetzungen der Forderungen mangelt es an der Effektivität.
Notare müssen Verdachtsfälle an den Zoll melden
Untätig war man aber nicht: Es wurden eine
Reihe von Gesetzesänderungen erlassen, um Geldwäsche zu erschweren. 2017 wurde ein
Transparenzregister eingeführt, dass bis 2023 ein Vollregister werden soll. Es soll die Identifikation der sogenannten wirtschaftlich Berechtigten und damit der Profiteure von Investitionen erleichtern. 2017 wurde die
Anti-Geldwäsche-Einheit FIU des Zolls gegründet. Außerdem wurde der Strafrechtsrahmen erweitert: Alle Straftaten – nicht nur solche der organisierten Kriminalität – gelten nun als Vortat für Geldwäsche; und nicht zuletzt sollen im Verdachtsfall private Akteure wie Banken, Immobilienmakler und Notare mitarbeiten.
Am 1. Oktober 2020 trat eine Rechtsverordnung des Geldwäschegesetzes in Kraft, die Fälle festlegt, die für eine Geldwäsche besonders relevant sind:
Notare müssen dann eine Meldung
an die FIU machen – etwa, wenn Vertragsbeteiligte aus Risikostaaten stammen oder die Zahlungsmodalitäten verdächtig sind.
Barzahlungen müssen zum Beispiel immer gemeldet werden.
Zuvor waren dem strenge Grenzen gesetzt: Rechtsberatende Berufe wie Notare konnten wegen der Verschwiegenheitspflicht Verdachtsfälle nur unter besonderen Umständen melden, sie hätten sich sonst strafbar gemacht. Notare, Banken und Anwälte haben damit eine Art
Türsteherfunktion und sollen verhindern, dass Geld aus kriminellen Aktivitäten in den legalen Wirtschaftskreislauf gelangt. Sie haben direkten Kontakt zu ihren Kunden bzw. Mandanten und müssen die sogenannten wirtschaftlich Berechtigten feststellen. Ist das nicht möglich, können Eigentums- und Kontrollstrukturen nicht ermittelt werden, gilt laut
Geldwäschegesetz ein Beurkundungsverbot für Notare. Staatliche Stellen, Behörden auf Bezirks- und Landesebene, beaufsichtigen die Meldepflicht. Der Jahresbericht der FIU zeigt einen Erfolg: 2020 wurden rund 1600 Fälle gemeldet, 2019 war die Zahl noch zweistellig.
Was Sanktionslisten mit der Notartätigkeit zu tun haben
Nun lassen sich Eigentümer bzw. wirtschaftliche Berechtigte von Immobilien nicht immer ohne Weiteres ermitteln; nicht selten werden Immobilien an Off-Shore Firmen verkauft und die Beziehungsgeflechte sind undurchdringlich. Notare müssen sich hier an den sogenannten
Sanktionslisten orientieren bzw. den daraus erwachsenen Sanktionen Folge leisten. Diese Sanktionslisten wurden als Folge der Terroranschläge vom 11. September von den USA eingeführt: Der UN Sicherheitsrat reagierte mit der UN-Resolution 1373/2001, die alle Länder der Vereinten Nationen umsetzen müssen. In Europa geschah das mit EU-Verordnungen (2580/2001 – 881/2002). Umgesetzt in nationale Gesetzgebung verbieten sie es, terroristischen Organisationen, Firmen und Einzelpersonen im In- und Ausland jegliche wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Dazu zählen sämtliche Vermögenswerte, Dienstleistungen und eben Immobilien. Damit soll neben Terrorismus auch dem Waffen- und Drogenhandel der Geldhahn zugedreht und Geldwäsche verhindert werden.
Für Notare bedeutet das, die an einer Transaktion
Beteiligten gegen internationale Sanktionslisten zu prüfen, auf denen weltweit ermittelte Personen und Firmen geführt werden, die im Verdacht der Geldwäsche stehen. Die Prüfung kann über Einzelabfragen aus verschiedenen Quellen im Internet geschehen. Das Problem: Eine solche
Recherche ist mühsam und zeitraubend; es gibt unzählige Quellen, die erst einmal gefunden werden müssen, und die Daten liegen in verschiedenen Strukturen und Formaten vor. Auch gibt es keine Garantie, wirklich alle relevanten Daten erfasst zu haben.
Behördliche Quellen verfügen darüber hinaus über keinen intelligenten Algorithmus, der Abweichungen wie Schreibfehler oder Zahlendreher ausgleichen kann. Hinzu kommt, dass solche ad-hoc Abfragen nur an dem Tag gültig sind, an dem die Recherche durchgeführt wurde; verändern sich Listen danach, wird das nicht mehr berücksichtigt. Da vom ersten Kontakt des Mandanten bis hin zur Eintragung im Grundbuch mehrere Wochen vergehen, reicht eine einmalige Prüfung also nicht aus. Denn die Anpassung der Sanktionslisten von Behördenseite sind zahlreich: Die von den USA über das
Bureau of Industry and Security (BIS) und das Office of Foreign Assets Control (OFAC) herausgegebenen Listen werden bis zu 300 Mal pro Jahr angepasst. Dazu kommen weitere Listen der EU, der UN und weltweit aus Ländern wie Kanada, Japan oder Australien.
Insgesamt steigt die
Zahl von Datensätzen, Listen und Updates stetig: 2019 gab es weltweit 30 Listen und mehr als 110.000 Datensätze. 2020 wurden mehr als 600 Updates durchgeführt. Da es seitens der Behörden für Notare keine konkreten Vorgaben gibt, wie sie ihrer Pflicht zur Prüfung nachkommen sollen, wird in der Folge gern darauf verzichtet. Doch spätestens wenn eine notarielle Beurkundung Teil eines Ermittlungsverfahrens wird, hat der Notar mit entsprechenden Konsequenzen zu rechnen.
Einfache Sanktionslistenprüfung mit Software
Eine Möglichkeit, der Pflichtaufgabe nachzukommen, ist der
Einsatz einer Compliance-Software, um solche Abfragen effizient möglich zu machen: Sie erfolgen dann gleichzeitig gegen alle relevanten Listen in einem Arbeitsgang. Mit einem entsprechenden Verfahren werden bei Änderungen von Listen automatisch neue Prüfungen angestoßen. Wichtig ist außerdem, dass alle weltweit verfügbaren Listen tagesaktuell gepflegt werden. So kann der Notar sich sicher sein, dass er immer mit den aktuellen Daten arbeitet und lästige manuelle Wiederholungsprüfungen werden überflüssig.
Darüber hinaus sollten alle
Prüfungen als Nachweis automatisch dokumentiert werden. Ein gutes Tool besitzt einen Algorithmus mit Fehlertoleranz, der auch dann Treffer liefert, wenn geringfügige Abweichungen im Namen oder der Adresse vorliegen - denn auch von Behörden werden nicht alle Dateneinträge korrekt gelistet. Außerdem sollte die Fehlerquote so gering wie möglich sein, das Tool also Treffsicherheit bieten und das Ganze bei einer hohen Geschwindigkeit.
Notare können damit also einen Teil ihrer Verpflichtung zur Bekämpfung von Geldwäsche leisten. Von EU-Seite ist weiterhin Dampf im Kessel: Die EU-Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, weil die vierte Geldwäsche-Richtlinie 2017 nicht umgesetzt worden sei. Gleichzeitig soll eine europäische Geldwäschebehörde gegründet werden.
Fazit
Notare haben bei der Geldwäsche-Abwehr eine Türsteherfunktion und können verhindern, dass Gelder aus illegalen Geschäften über den Kauf und Verkauf von Immobilien in den legalen Wirtschaftskreislauf gelangen. Dafür sind sie gemäß dem
Geldwäschegesetz verpflichtet, Verdachtsfälle zu melden. Leichter gelingt das mit einem Softwaretool, das eine Sanktionslistenprüfung vornimmt und damit Personen und Firmen ermittelt und aktuell vorhält, die im Verdacht der Geldwäsche stehen.
Autor:in
Marie-Helene Wessel ist in zweiter Generation geschäftsführende Gesellschafterin des SAPPER INSTITUT. Das Familienunternehmen aus Kempen ist über die Entwicklung von datenbank-basierten Internet-Plattformen für Vertrieb, Recruitment und Talentmanagement zu Ihrem heutigen Schwerpunkt auf Software-Lösungen für das Sanktionslisten-Screening sowie Embargoprüfungen gegen Länder und Produkte gekommen. Dazu hat das Unternehmen die Plattform
dominoWATCH.com entwickelt.
Quelle:
SAPPER INSTITUT
letzte Änderung W.V.R.
am 23.03.2023
Autor(en):
Marie-Helene Wessel
Bild:
Bildagentur PantherMedia / serggn
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