Grundsteuer: Steuerpflichtige müssen niedrigeren Wert ihrer Grundstücke nachweisen können

Mit der Verfassungsmäßigkeit der neuen Grundsteuer hat sich der Bundesfinanzhof nicht befasst, dafür mit einem anderen wichtigen Punkt: Eigentümer müssen demnach die Möglichkeit haben, den tatsächlichen Wert ihres Grundstücks nachzuweisen, wenn dieser deutlich unter dem vom Finanzamt festgestellten Wert liegt (Az. II B 78/23 und II B 79/23).

In beiden Streitfällen hatten die Immobilieneigentümer erfolgreich beim Finanzgericht beantragt, die im Rahmen des Bundesmodells ergangenen Grundsteuerwertfeststellungen für ihre Wohnhäuser von der Vollziehung auszusetzen. Der Bundesfinanzhof bestätigte die Sichtweise des Finanzgerichts, das Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitigen Grundsteuerwertfeststellungen in Bezug auf die Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte hatte. Den Richtern zufolge ergeben sich die Zweifel daraus, dass den Steuerpflichtigen bei verfassungskonformer Auslegung der Bewertungsvorschriften die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, bei einer Verletzung des Übermaßverbots einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen. Das gelte auch dann, wenn der Gesetzgeber einen solchen Nachweis nicht ausdrücklich geregelt habe.
Die Richter wiesen darauf hin, dass die für die Wertfeststellungen maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften viele Typisierungen und Pauschalierungen enthalten, da mehr als 36 Millionen wirtschaftliche Einheiten neu bewertet werden müssen. „Verfassungsgemäß ist solch eine typisierende Regelung aber nur solange, wie ein Verstoß gegen das Übermaßverbot im Einzelfall entweder durch verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift oder durch eine Billigkeitsmaßnahme abgewendet werden kann“, so die Richter. Das Übermaßverbot könne insbesondere dann verletzt sein, wenn der festgestellte Wert erheblich – also 40 Prozent oder mehr – über das normale Maß hinaus gehe. In beiden Streitfällen, so der Bundesfinanzhof, sei nicht auszuschließen, dass jeweils aufgrund einzelfallbezogener Besonderheiten der erfolgreiche Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts der Grundstücke mit der erforderlichen Abweichung zu den festgestellten Grundsteuerwerten möglich sei.


Erstellt von (Name) E.R. am 12.07.2024
Geändert: 12.07.2024 08:12:14
Autor:  Petra Hannen
Quelle:  BFH
Bild:  Bildagentur PantherMedia / tobs lindner
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